Human plus A.I.
Es benötigt keine fundierten Informatikkenntnisse, um zu realisieren, dass Algorithmen buchstäblich überall sind: selbst wenn wir unser Handy auslassen und auf die maßgeschneiderten News-Updates und passenden Songs zur individuellen Morgenstimmung verzichten, haben wir an der ersten Ampel ein Rendezvous mit einem Algorithmus. Künstliche Intelligenzen sind also längst feste Bestandteile unterschiedlichster Lebensbereiche unseres Alltags.
Neu allerdings sind ausgeklügelte Systeme, die auf neuronalen Netzen basieren oder simpel heruntergebrochen: lernbasierte künstliche Intelligenzen, die jenseits ihrer Programmierung auch autark agieren, sprich sich weiterzuentwickeln und eigene Entscheidungen zu treffen. Es ist also ganz schön was passiert auf dem Weg von Gadgets wie Karl Klammer - für alle, die sich noch an den Office-Assistant zu XP-Zeiten erinnern - zu A.I.s wie ChatGPT, die seit einigen Monaten in aller Munde zu sein scheinen. Erste Blicke in gängige News-Portale reichen bereits aus, um festzustellen, dass die Entwicklung hinsichtlich künstlicher Intelligenzen mit Sorge betrachtet wird. Neben leisen optimistischen Tönen, zeichnet sich in der Berichterstattung ein eher negatives Bild ab: Es geht um die zunehmend leichter werdende Entwicklung von schädlicher Software, verletzte Urheberrechte und allgemeine, stellenweise diffuse Ängste vor Neuem und Unbekanntem. Ohne diese durchaus berechtigte Sichtweise kleinreden zu wollen, haben wir für uns als Kreative entschieden, eine positivere Sichtweise einzunehmen.
Getreu unserer Formel “Human + A.I. statt A.I. - Human”, betrachten wir zeitgenössische Entwicklungen als kreative Chancen. Ein Beispiel veranschaulicht dies: Applikationen wie Midjourney oder Dall-E 2 generieren innerhalb von wenigen Sekunden Visualisierungen auf Basis von Text-Prompts. Die Ergebnisse bewegen sich auf einem Spektrum zwischen durchaus vorzeigbar und qualitativ hochwertig. Dahingehend haben wir uns entschieden, uns nicht der Angst hinzugeben, derartige Anwendungen würden langfristig beispielsweise die Arbeit von Grafikdesigner:innen ablösen. Stattdessen betrachten wir die Tools - und das gilt für Text-to-Image, Text-to-Text, Text-to-Audio, etc. zugleich - als kreative Ergänzungen zu unserer bisherigen Arbeit. Denn so stark die A.I.s auch sind, sie haben Schwachstellen, die der menschlichen Supervision bedürfen und folglich die menschlichen Kreativen längst nicht obsolet machen. So sind z.B. Hände für Text-to-Image-Anwendungen eine Herausforderung: normale anatomische Anordnungen weichen hier oftmals einer klumpigen Vielzahl von Fingern, die Teilbereiche von Bildern ins Uncanny Valley befördern. Eine Bild-A.I. wird also (noch?) keine Key Visuals oder architektonischen Pläne für uns erstellen. Allerdings erschließen wir uns Bereiche des kreativen Prozesses mithilfe künstlicher Intelligenzen, d.h. partielle Elemente wie Mock-Ups, Visuals, Textbausteine werden durchaus damit erstellt. Letztlich benötigen all diese Prozesse nach wie vor Texter:innen, Designer:innen, Architekt:innen und weitere kreative Berufe. Die Frage danach, ob wir diese Tools auch zukünftig als kreative Enhancements nutzen oder auf lange Sicht schlicht nur noch kuratieren werden, lässt sich noch nicht beantworten. Was wir allerdings jetzt schon nach intensiver Recherche und Arbeit über und mit A.I.-Applikationen sagen können, ist, dass sie unsere kreative Arbeit bereichern und uns somit neue Perspektiven eröffnen.
Deshalb haben wir mit dem Artificial Experience Labor (kurz: AE Lab) ein Experimentierfeld eröffnet, mit dem wir künstliche Intelligenzen erlebbar machen wollen. An verschiedenen Stationen in unserem imprfct space testen wir öffentlich die Funktionsweisen diverser Anwendungen und laden Gäste dazu ein, selbst aktiv zu werden. Die Stationen funktionieren sowohl getrennt voneinander als auch als Schnittstellen füreinander. So fordern wir beispielsweise dazu auf, einen Luftikus in Midjourney zu bauen und analog dazu einen solchen mit Knete zu modellieren. An der Station Paradoxon kann via ChatGPT ein Text über den entstandenen Luftikus verfasst werden und im Anschluss die passende Hymne dazu am Exponat Music mAIstro per Texteingabe erstellt werden. Mit ergänzenden Instrumenten und Büroutensilien können Mensch und Maschine hier ebenfalls im Duett musizieren.
Das AE Lab befindet sich - simultan zu den dort erfahrbaren Applikationen - noch in einem frühen Stadium und dahingehend in einem Selbstfindungs- bzw. Ordnungsprozesses. Unser Anspruch ist daraus ein langfristiges Projekt zu machen, das zeitgenössische Entwicklungen stets im Auge behält und in kreative Schaffensprozesse inkludiert.
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